Retro Kaugummiautomat

Es gibt bereits schon einige gute Bücher über Retrospektiven und natürlich gibt es den Retromat (von Corinna Baldauf),  der uns auch genug Impulse liefert um eine ganze Weile lang nicht Sprint auf Sprint auf Sprint die selben Retrospektiven machen zu „müssen“.

Jetzt gibt es ein weiteres Buch, dass sich mit dem Thema was alles bei Retrospektiven schief gehen kann beschäftigt:

Retrospectives Antipatterns von Corry Aino Vonge

Soweit so gut. Leider ist das Buch im Moment (21.04.2022) nur als direkte US Importversion für ca. 30 € erhältlich ist. Für ein Taschenbuch ein stolzer Preis und als Schwabe-im-Herzen (auch wenn ich eigentlich irgendwie Kölner bin) ist das deutlich zu viel. Das sind ja 6 Flaschen Sonnenblumenöl (auch hier: 21.04.2022 bei Aldi -> Ukranie) !

Netterweise gibt es eine Buch-Rezensentin, die sich die Mühe gemacht hat einen Teil der Anti Pattern in Tabellenform zu erfassen. Danke an Ute Schröder von Emendare dafür. Die Anti Patern hat sie sogar als PDF erstellt, vorbildlich. Hier der Link zum Artikel.

Wer sich bei dem Begriff Anti Patterns jetzt an Stefan Wolpers erinnert (Productpeople Berlin), der hat nicht nur ein gutes Gedächnis, sondern auch recht. Stefan hat neben vielen weiteren Antipatterns auch 21 Antipattern zu Retrospektiven zusammengestellt. Stephans Antipattern sind allerdings etwas mehr in Richtung dysfunktionales Organisationsumfeld.

Beide Listen zusammen sind ein guter erster Startpunkt für eine Meta-Retrospektive aus Coach Sicht.

Normale Meta-Retrospektiven fassen mehrere Retrospektiven zusammen:

  • was wir da so im allgemeinen gelernt haben
  • was gut lief
  • was gar nicht funktioniert hat
  • und Themen über die wir offensichtlich nicht gesprochen haben

Die meine ich jetzt hier nicht. Vielmehr ist meine Meta die (Agile) Coachingsicht auf unsere Tätigkeit als Scrum Master:in und wie wir mit den Team Interaktion umgehen in der Rolle des Faszilitators.

Falls ihr als Scrum Master:in an einer Community of Practice (CoP) für Scrum Master:innen teilnehmt: die Listen sind wunderbar als Stimulierung oder Input für weiterführende Diskussionen mit allen Scrum Mastern geeignet. Auch eine Retrospektiven Dojo ist damit machbar: ein Antipattern durchsprechen, „falsch“ demonstrieren, und dann besser machen lassen. So ein Art TRIZ im Dojo?

Und die Listen eignen sich auch als Stimulus für eine Intra- oder Supervision von anderen Scrum Mastern, um gezielter Fragen zu formulieren. Da man Retros meistens nicht als Gast-Beobachter:in besuchen darf (der geschützte Raum und so) ist das eine der wenigen Möglichkeiten anderen Scrum Master:innen auf Basis ihres Verhaltens neue Einsichten zu vermitteln. Gerade bei „alten Hunden:innen“ …

Kleiner Disclaimer 1: das Verwenden von Antipattern-Listen führt zu einem Fokus auf die Schwächen. Die allgemeine Strategie um Hochleistung zu erzielen ist allerdings: konzentriere dich auf deine Stärken und baue diese weiter aus. Warum? Wenn ihr nur eure Schwächen verbessert, seit ihr am Ende überall mittelgut und landet im undankbaren Mittelfeld. Trotzdem: manchmal können solche Listen einen eigenen blinden Fleck wieder sichtbar machen.

Kleiner Disclaimer 2: Antipattern-Listen haben im Kern die Aussage „tue dies und das nicht“. Dreht man die einfach um, dann bekommt man Handlungsempfehlungen a la „tue dies und das“. Und wir nennen wir sowas auch? Genau: Best Practices. Und, wie war das mit Best-Practice in einem komplexen Umfeld, wie wir es üblicherweise bei Scrum vorfinden? Also, die Umkehrform bitte nicht verwenden, sondern nur als Sehhilfe für mögliche blinde Flecke.

Bildnachweis: Photo by Jan Ranft on Unsplash

Fokusthema Scrum Retrospektiven: was kann da schon schiefgehen?