Leicht überfordert durch gute Tipps

Auch in volldigitalen Zeiten sind Powerpoint Folien in der Regel Mist. Ausnahmen? Ja, bestätigen die Regel, und es gibt Petschale Kutschale (Schwabenversion(tm), richtigen Namen bitte selber googeln), aber selbst in Zeiten von Miro, Mural und Co -nceptboard: canned content in Form von Folien bleibt einfach unspannend.

Malen ist wie Fotokopieren nur cooler

Viel besser ist es, wenn man selber malt. Das war mal die Königsdisziplin für Berater, Moderatoren und Coaches. Alle hatten die tollsten Stifte, Malerkrepp, Wachsmalblöcke. Alles frisch aus der Hand vor und mit den Teilnehmern entstanden. Inklusive gelebter Fehlerkultur, weil Flipcharts erst nach dem x-ten Mal gut aussehen (Bildaufbau! Schriftgröße! Detailreichtum! Schatten!). Oder bei mir: Rechtschrubfahlerle, weil leichte Rechtsschreibsschwache. Hier mein Extra-Protipp: mittelgroße, weiße Kassenetiketten – einfach über den Fehler kleben, sieht man von weitem fast nicht, und man muss nicht alles 3 x zeichnen oder schreiben. Trust, Thrust, Trast – grmpf –  V E R T R A U N – na, geht doch. Äh, Moment, da fehlt doch … -> geil, Etiketten!

Frisch aus der Dose ist länger haltbar und geht ratzefatze

Aber inzwischen? Bildimporte, PDF Importe – das maximale der Gefühle ist ein Dreieck anstelle eines digitalen Postits. Wow. Selbst die guten sind davon erwischt worden, weil es eben so einfach klicki-klicki ist. Und ob es funktioniert, bleibt was hängen, nachvollziehbare und damit fast schon gelernte Inhalte? Transferwirksamkeit durch 10% Lesen + 20% sehen + 30% Erleben = 50%? Nope. 

Ist das etwa einer der Gründe warum Online Vorträge oder Workshops so energieraubend sein können? Ja, klar. Nicht DER Grund, aber besser macht es die Sessions sicher nicht.

Der Stift soll mal Bier holen gehen. Ja wie denn, ohne Mäuse?

Genug gemeckert,  es gibt ja auch ein Mittel dagegen: Digital zeichnen. Waaaaas?  Ja Mensch, nicht mit der Maus, das ist genauso krakelig wie es sich anfühlt, sondern mit Tablet und Stift, Graphic-Bildschirm oder für die Hand-Auge-Koordinationskünstler auch ein schnödes Grafiktablet. Egal was es ist: immer mit Stift.

Die Kombi mit dem Tablet ist das Optimum: preiswert, mobil und die Lernkurve ist schön steil. Nach einem Wochenende geht’s schon ordentlich, nach 2 Wochen gut. Wir reden von Flipchart-iresker Gebrauchsgrafik, nicht von Matisse, van Gogh oder Turner. Das geht sicher auch, aber ist das hier eine Hobbyseite? Nein, hier ist alles hochprofessionell, down-to-business und vor allem: bierernst.

Das neue Galaxy 9 10 11 12 13 vierzehn 15 16 …

Gehen wir doch gemeinsam mal einen Schritt weiter: das Tablet bekommt der geneigte Leser von Amazon. Und bitte kein Apple für mich, weil: Walled Garden. Und wenn Du doch? Dann gibt’s „nur“ Procreate als App, fertig. Viel Spaß! Achso: ja, aber wenn ich schon einen Apple Stift habe und mehr so Notizen machen will (Visual Notetakeing! Oder sogar Graphic Recording! Oder NoSchreibblocking! )? Dann ist GoodNotes eine gute Zusatzapp (Danke Jens).

Für die echten Frauen & Männer an der offenen-Standard-Front, wo noch Kabel nicht passen, Protokoll sich missverstehen und überhaupt: die auf das Hornbach Motto auch im Digitalen stehen, da, mutige Entdeckende und Zeichenwillige, da gibt es nur eine Antwort: Android.

Porsche fahren ist wie Porsche fahren, nur teurer

Na gut, Windows Grafikstiftdisplay gibt es auch. Ja, auch ich habe genau so einen: riesengroß, und hinter diesem Riesending auf meinem großen Homeoffice-Schreibtisch hat noch mein Ego und ein Geldscheißer platz. Alles drei muss man erstmal haben und sich leisten wollen, und bis dahin: Android.

Bei Android-Tablet gilt:

  • Samsung Tab  S7 plus Stift (S-Pen) ist am 29.04.2022 der Standard. Preis sind Angaben vom selben Datum von Amazon, und immer mit Stift.
  • Das S7 FE mit 12 Zoll reicht aus, ist preislich in der Mitte und hat 12 Zoll.  460 Euro. Ich hab‘ das. Auch. Zusätzlich. Siehe unten.
  • Das S7+ hat 14 Zoll, aber auch ein 14 Zoll Preisschild. Was also kaufen? Zum zeichnen kann es grundsätzlich nicht groß genug sein, aber mir ist das S7+ mit 800 Euro zu teuer.
  • Wenn es eher ein günstiger (aber nicht billiger, sorry) Einstieg sein soll: das S6 lite geht auch. 360 Euro. Das S6 „normal“ gibt es nicht mehr, glaube ich. Chipkrise oder so.

Was braucht man noch?

  • Ladegerät mit 55 Watt – weil Samsung leider nur 15 beilegt, hey Samsungs Hidden Upselling Agenda.
  • SDXC Speicherkarte mit 256 GB (Größe nach Wahl, aber ehrlich: warum 64 GB nehmen? Das kostet doch alles nichts mehr)
  • Klapphülle nach Wahl?
  • Und einen Graphictablet Handschuh mit nur 2 Fingern (kleiner und Ringfinger) aus Elastan (heißt „Antifouling Handschuh“, eigentlich). Gibt’s auch für kleines Geld bei Amazon. Sonst ist der Bildschirm immer bäh, und manchmal rubbelt die Hand beim Zeichnen. Rubbeln ist grundsätzlich nicht verkehrt, keine Rubbeldiskriminierung hier, aber beim schnellen, glatten Strich nervt das. Der Handschuh im Sommer aber auch. 

Für alle anderen Zeitpunkte danach in diesem schnellllebigen (Wort mit 3 L  – geill!) Technikzeitalter mit Chipkrisen und agiler Hardwareentwicklung im Quartalstakt gibt es Google und „die 10 besten Android Tabletts zum Zeichnen„. Ich denke, wir verstehen uns …


Und jetzt, endlich, without further ado, meine Empfehlung meiner persönlichen Top 5 Android Zeichenprogramme

Wie, ich hätte den Hund füttern müssen? Aber warum denn?

Aber Moment 🙂 „da ist doch ein Programm bei meinem Tablet dabei, das tut es doch auch!“.
Guter Einwand, das ist richtig. Nur, wenn Du von Anfang an mit einem vollständigen Zeichenprogramm startest, bringt dir das direkt die folgenden Vorteile:

  • Du musst die (leider meist flache) Lernkurve für die Software nur einmal durchlaufen – mehr Zeit für’s Malen, weniger für googlen nach z.B. „eingefügtes Bild spiegeln und Hintergrund auf transparent stellen“
  • Du musst deinen Workflow als Zeichnender nur einmal an ein Programm anpassen
  • Du gewöhnst dir keine umständlichen Techniken & verdeckte Workarounds an, die umfangreichere Programme direkt unterstützen. Damit bist du nervenschonender und schneller unterwegs
  • Du wirst nicht vom Tool eingeschränkt, sondern eher gefördert (und ab und an auch mal gechallenged 🙂 )

„Ach deshalb!“ 

Ja, genau, und wenn ich jetzt bitte mit meiner Liste anfangen dürfe? Immer diese unerwünschten Zwischenfragen, das ist doch kein Slackchannel hier …

Die App Liste 

Ach, eines noch! Alles absichtlich ohne Screenshots. Alle Screenshots sind bei jeder App im Google Play sowieso drin. Und schon übermorgen sind die viel aktueller als alle, die ich hier reinpacken könnte.  Da ich veraltete Screenshots und Dateien austauschen hasse: Absicht! Aber noch ein Protipp! Es geht noch einfacher: Programmname hier kopieren und ich habe dich schon so gefeiert, Google Bildersuche.

Clipstudio Paint Pro

https://play.google.com/store/apps/details?id=jp.co.celsys.clipstudiopaint.googleplay&hl=de&gl=US

  • Benutze ich unter Windows selber
  • ist noch gut bezahlbar
  • von Praktikern für Praktiker, kann viel, unter anderem auch Vectorlayer
  • gibt es auch für Windows, Interface ist unter beiden Systemen quasi gleich. Inklusive einer Menüzeile unter Android …

Autodesk Sketchbook

https://play.google.com/store/search?q=autoddesk%20sketchbook&c=apps&hl=de&gl=US

  • ist kostenlos, war mal kommerzielle Software
  • Umfang: ausreichend, reicht aber für viele Zeichner lange aus, wirklich für das schnelle Malen konzipiert, keine Featureitis
  • keine verwirrende Funktionsvielfalt, schön einfache Oberfläche, die zweit einfachste nach Infinite Painter
  • gibt es auch für Windows, UX sieht dort fast genauso aus

Infinite Painter

https://play.google.com/store/apps/details?id=com.brakefield.painter

  • Empfehlung von Mit-Zeichnenden, wird als Alternative zum Mac-only Procreate unter Android gehandelt
  • Interface ist wirklich reduziert einfach 
  • schöne, natürliche Pinsel, viele direkt nutzbar für normale Menschen ohne Gefummeling
  • viele Unterstützungsfunktionen beim Zeichen
  • gut bezahlbar

ibis Paint X

https://play.google.com/store/apps/details?id=jp.ne.ibis.ibispaintx.app

  • Umfangreich, deshalb auch etwas überladen
  • irgendwie „gratis“, upgrade entfernt „nur“ die Werbung. Ein etwas schräges Werbemodell: Werbevideos ansehen schaltet manche „Premium“-Funktionen (z.B. Pinsel) für eine kurze Zeit frei. Das unterbricht den Arbeitsfluss, aber – hey – irgendwie „gratis“
  • aber man kann in bestimmten Hotelketten damit umsonst übernachten

Krita

https://play.google.com/store/apps/details?id=org.krita

  • Wird unter Windows häufig empfohlen – läuft auf Windows und Android Tablets – Vorteil: nur einmal lernen auf beiden Systemen
  • kann sehr viel, genügt auch steigenden Ansprüchen
  • Oberfläche hat eine eher flache Lernkurve – wenn Du Paletten mit vielen Icons magst, bist Du hier gut aufgehoben
  • Das mit der Startzeit der App ist kein Witz. Das ist wirklich so.
  • gratis

Und jetzt?

Wenn Probieren über Studieren geht, dann wäre doch „einfach der Reihe ausprobieren“ besser als noch weiterlesen, oder? Clipstudio Paint ist zwar das teuerste, aber befriedigt mich fast täglich unter Windows mit 4 von 5 Sternen. Infinite Painter und Sketchbook sind einsteigerfreundlich. Painter bietet auch viele fortgeschrittene Funktionen. Gratis ist evtl. aber deine Lieblingspreis? You decide …

Wenn Du dann eines oder mehrere davon ausprobierst hast: mich interessiert dein Feedback und deine Meinung zu den Apps. Kritik gerne auch, und vor allem wenn sie praxisnah und konstruktiv ist. 

Mal mal schön!

Große Kunst bringt auch große Verantwortung mit sich. Deshalb haben sie auch keine Hobbits angemalt. Ätsch!
Powerpoint ist Mist! Wie male ich digital auf meinem Tablet?